Jens Lay über Florence Solvay

Kunstpädagoge und Kunsthistoriker


Die Künstlerin Florence Solvay beschäftigt sich viele Jahre mit malerischen und zeichnerischen Fragestellungen, deren Ergebnisse ausdrucksstarke ungegenständliche Bilder ergeben. Die Arbeiten der vergangenen Jahre zeigen die konsequente Entwicklung zu intensiven und äußerst expressiven Werken, bei denen verschiedene Techniken kombiniert und überlagert werden.

 

Bereits als Kind begleitet sie den Vater, der als geübter Fotograf der Tochter entscheidende Impulse liefert, sich selbst intensiv mit dem Handwerk der Fotografie und der Labortechnik zu beschäftigen. Jahrelange Tätigkeit in einem Fotolabor bringt sie zu einem professionellen Zugang, der immer auch von einer künstlerischen  Herangehensweise begleitet wird.

 

Während des Hochschulstudiums folgt das Erlernen kunstpädagogischer Methoden, und die Auseinandersetzung mit Theorien der europäischen und ostasiatischen Kunstgeschichte. Dieser akademische und handwerkliche Hintergrund drängt nun in Phasen der Reflexion für die Künstlerin Fragen auf, die von der Fotographie und ihrer abstrakten Abbildungsweise nicht mehr beantwortet werden können.

 

Die Abbilder der Fotographie gehen über in die Tiefe der Vorstellungskraft, für die Florence Solvay ein anderes künstlerisches Medium benötigte. Die Malerei ermöglicht neue Wege und schafft den Freiraum Innenwelten nach außen zu tragen. So finden die geistigen Energien, die nicht beschrieben und nicht fotografiert werden können, ihren Platz auf der Leinwand.

 

Die eigene künstlerisch und praktische Tätigkeit vertiefte Florence Solvay als Schülerin von Christa Moering und Karlfried Kunz-Weißmann. Bedeutsam und Ausdruck des wachsenden Erfolges sind die zahlreichen Einzelausstellungen und die Teilnahme an Gruppenausstellungen, meist im Wiesbadener Raum, aber seit 1998 auch regelmäßig in Frankreich und Italien. In zahlreichen Studienreisen fertigt sie mit dem Zeichenstift und Aquarellfarben Skizzen an, die den Eindruck des Gesehenen in eine künstlerische Sprache übersetzen. Diese flüchtigen Dokumente sind der Ausgangspunkt für die Übertragungen auf die Leinwand.

 

Ausgehend von Architekturfragmenten und Natureindrücken, die sich in der Erinnerung von Florence Solvay manifestieren, entstehen kraftvolle Arbeiten. Diese Erinnerungen dienen nicht als reale Vorlage, sondern als Anlass für einen künstlerischen Prozess, der zahllose Arbeitsschritte beinhaltet.

 

Die Ausführung erfolgt nach einem inneren Plan und mit großer Konzentration, dadurch enthüllt sich eine straffe Komposition, in der die Perspektive weitgehend aufgelöst wird.

 

Die künstlerische Dynamik lässt aus der weißen Farbe die Materie der Bildwelten entstehen, die zuvor angelegten Farbschichten drängen nach außen, Ölfarbe und Acryl werden durch Kratzen und Schaben an der Oberfläche sichtbar, die abschließende Bearbeitung mit Firniss erzeugt Blickzentren im Auge des Betrachters.

 

Malerische und zeichnerische Anteile halten sich im Gleichklang, die Werke erhalten auf diese Weise eine ausgewogene Komposition. Die Bilder greifen auf ihre Umgebung über und beanspruchen Raum, dabei bleibt die Leinwand häufig sichtbar und gibt den kraftvollen Linien eine Verspieltheit, welche die Leichtigkeit der Arbeiten unterstützt.

 

Es handelt sich um autonome Einheiten, die für einen packenden Arbeitsprozess stehen, ohne an irgend einer Stelle zufällig zu wirken. Die Bilder sind genauso leicht wie sicher komponiert.

 

Die Bilder von Florence Solvay zeigen die Eindringlichkeit ungegenständlicher Kunst, auch heute kann die Malerei mit ihren Mitteln spannende Bildwelten schaffen und sich frei von Körperlichkeit artikulieren. Vorstellungen werden in eine Bildsprache übersetzt, nicht zufällig und beliebig, sondern nach einem inneren Plan, der eigenständige Wirklichkeiten hervorbringt.